Wer bin ich? 

Das war ich immer wieder gezwungen mich zu fragen, insbesondere in meinen frühen 20ern. Damals distanzierte ich mich vom freikirchlichen Milieu, in dem ich aufgewachsen war. Vieles, was als junger Mensch zu meiner Identität gehörte, spaltete ich ab; ich wollte mein Leben ganz anders gestalten. 

Eine Konstante blieb allerdings: Das Geschichtenerzählen. Mit 8 Jahren schrieb ich für die Schule anstatt einer Seite zehn, die Primarlehrerin war so begeistert, dass sie den Text auf Schreibmaschine abtippte und kopieren liess (ja, ich bin 1984 geboren). 

Bis heute fasziniert mich das Erzählen und wie ich damit Welten kreieren kann. 2014 absolvierte ich den Bachelor in Deutscher Sprach- und Literaturwissenschaft und unterrichtete danach nebenberuflich als Deutschlehrer, als der ich mein Bestes gab, den Funken für die Sprache überspringen zu lassen. "Wegen Ihnen habe ich begonnen Bücher zu lesen", sagte mir ein ehemaliger Schüler Jahre nach seinem Abschluss – dieses Kompliment rührt mich bis heute.

2014 schrieb ich, herumstochernd in meiner eigenen Vergangenheit, die ersten Sätze des Romans "Jemima". Daraus wurde eine erfundene Geschichte, deren Gefühlslandschaft sehr autobiografisch ist.

Parallel zum Schreiben entfaltete sich bei mir die Begeisterung für Visuelles: Mit dem Fotografieren und Filmen entdeckte ich zusätzliche Arten des Erzählens. Der erste Film war, damals noch analog, eine Dokumentation über die Kakteen-Sammlung meines Bruders und mir, ich war 14. Bis ich den ersten nennenswerten Kurzfilm produzierte, verging dann allerdings ein Jahrzehnt. 


Ab dann liess mich die Kamera aber nicht mehr los. Ich filmte und fotografierte, ein immer mehr Raum einnehmendes Hobby, später dann Beruf: Ich durfte während 9 Jahren in einer kleinen GmbH professionell Foto- und Videoprojekte umsetzen, vor allem in der Kulturbranche: Musik, Theater, Tanz. Neben diesen Auftragsarbeiten setzte ich immer wieder künstlerische Projekte um, seien es Kurzfilme, Porträtfotos – und natürlich Texte.

Mein aktuelles Projekt "Julian" ist ein Experiment: In Zusammenarbeit mit einer Psychotherapeutin und einem Schauspieler entwickle spüre ich der Psyche eines Callboys nach. Uns im Projektteam verbindet die Überzeugung, in dieser Lebenswelt und im Darüber-Sprechen auf das zu stossen, was uns besonders interessiert: Psychologische Vorgänge und die Worte, mit denen Menschen sie ausdrücken oder verhüllen – auch vor sich selbst. Dabei wollen wir uns Fragen annähern wie: Was heisst es, Macht über die Gefühle oder den Körper anderer zu haben. Welche Abgründe tun sich in Konstellationen auf, die solcher Macht Raum geben? Was treibt uns an, wovon treibt es uns warum fort (Ekel, Scham)? Und was hat das mit unserer Sexualität zu tun? 

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